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Grußwort bei der Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz (Matrei, 16.03.2022)
Eminenz, lieber Herr Kardinal,
Exzellenz, lieber Herr Vorsitzender,
liebe hochwürdigste Mitglieder der Österreichischen Bischofskonferenz!
Sehr herzlich möchte ich mich bei Ihnen wieder für die freundliche Einladung zur Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz bedanken, der ich heute gerne gefolgt bin.
Ihnen allen darf ich, auch im Namen des Heiligen Vaters, für alles danken, was Sie in den vergangenen zwei Jahren seit Ausbruch der Pandemie für die Gläubigen in Österreich getan haben, und ich bitte Sie, diesen Dank auch Ihren Priestern und Diakonen und allen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterzugeben.
Dankenswerterweise wurde in den vergangenen Monaten wieder ein österreichischer Diözesanpriester für den Dienst am Heiligen Stuhl zur Verfügung gestellt. Ich weiß, liebe Mitbrüder, dass es in Zeiten eines allgemeinen Priestermangels mitunter ein schweres Opfer für den Bischof ist, einen Priester, der aufgrund seiner Fähigkeiten in vielfacher Weise im Dienst der Ortskirche einsetzbar ist, für einen Dienst an den römischen Zentralstellen freizugeben. Aber glauben Sie mir: Gerade ein solches Opfer ist nicht vergebens, es wirkt auch auf die Ortskirche in vielfältiger Weise positiv zurück!
Die aktuelle Gesundheitskrise hat die Aufmerksamkeit aller Teile der Gesellschaft, in Österreich und in der ganzen Welt, so sehr in Anspruch genommen, dass darüber andere Gefahren und Herausforderungen manchmal etwas in den Hintergrund getreten sind.
Doch heute ist die Welt erneut mit einer Tragödie konfrontiert, die uns die Pandemie selbst vergessen lässt. Ich beziehe mich auf den Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine. Gerade als wir es schon für unmöglich hielten, wird der Schrecken des Krieges wieder gegenwärtig, und zwar mitten in Europa.
Wieder ist die Tragödie der Flüchtlingsströme Wirklichkeit geworden, und wieder klopfen die Menschen an unsere Türen. Doch dieses Mal werden wir Zeugen eines Prozesses, der uns zwar einerseits die Solidarität und Großzügigkeit der westeuropäischen Regierungen vor Augen führt, uns aber zugleich die Doppelmoral derselben Regierungen schmerzhaft fühlen lässt, die offenbar ein selektives Kriterium für das Leid der Flüchtlinge haben. In der gegenwärtigen Situation haben sie das Recht der Flüchtlinge, aufgenommen zu werden, anerkannt, während noch vor wenigen Wochen Tausende von Flüchtlingen nicht über die nahe gelegenen Grenzen einreisen durften.
Deshalb müssen wir uns, wie der Heilige Vater immer wieder betont, weiterhin dafür einsetzen, allen zu helfen: den neuen ukrainischen Flüchtlingen, ohne dabei all die anderen zu vergessen, die an den verschiedenen Orten an den Grenzen Europas weiterhin um unsere Hilfe bitten.
Andererseits dürfen wir gerade auch aus diesem Grund sehr dankbar dafür sein, dass uns der Heilige Vater mit dem von ihm ausgerufenen und eröffneten Prozess der Weltbischofssynode nachdrücklich auf einen geistlichen Weg einlädt: Die Synode ist ein Weg der geistlichen Unterscheidung, ein kirchlicher Unterscheidungsprozess, der in der Anbetung, im Gebet und im Kontakt mit dem Wort Gottes stattfindet (Papst Franziskus, Predigt zur Eröffnung der Weltbischofssynode, 10. Oktober 2021).
Auch Sie, liebe Mitbrüder, haben die Gläubigen Ihrer Teilkirchen eingeladen, der Aufforderung des Papstes zu folgen und sich am synodalen Weg der Weltbischofssynode zu beteiligen. Wie überall in Europa zeigt sich freilich auch in Österreich seit vielen Jahrzehnten ein Nachlassen der gelebten Praxis des Glaubens, ein Rückgang des kirchlichen und pfarrlichen Lebens, der nicht nur in Zahlen und Statistiken zum Ausdruck kommt, sondern sich gewissermaßen auch mit freiem Auge erkennen lässt.
Sie, liebe hochwürdigste Mitbrüder, haben es nicht an Initiativen fehlen lassen, diese Situation und ihre mannigfachen Ursachen zu erforschen und zu analysieren und ihr mit wirksamen Maßnahmen zu begegnen. Als besonders wichtig erweist sich dabei immer wieder, nichts unversucht zu lassen, um den Glauben der Glaubenden zu stärken.
Es ist heuer dreißig Jahre her, dass der heilige Papst Johannes Paul II. den Katechismus der katholischen Kirche approbiert und seine Veröffentlichung mit der Apostolischen Konstitution Fidei depositum am 9. Oktober 1992 angeordnet hat. Der unter uns anwesende liebe Herr Kardinal Schönborn hatte damals ja als Redaktionssekretär wesentlichen Anteil an der Entstehung dieses epochalen Werkes. Dieser Katechismus ist, wie uns Papst Franziskus erinnert, ein wichtiges Instrument, das den Gläubigen die ewig gültige Lehre darbietet, und ihnen so hilft im Verständnis des Glaubens zu wachsen. Vor allem aber will er unsere Zeitgenossen mit ihren neuen und unterschiedlichen Problemen zur Kirche heranführen, die sich dafür einsetzt, den Glauben als die bedeutsame Antwort auf die Fragen der menschlichen Existenz in diesem besonderen geschichtlichen Moment anzubieten (Papst Franziskus, Ansprache zum 25. Jahrestag der Veröffentlichung des Katechismus der katholischen Kirche, 11. Oktober 2017).
Liebe hochwürdigste Mitbrüder!
Gerade bei den Beratungen und Überlegungen im Zusammenhang mit der aktuellen Bischofssynode bietet sich der Katechismus der katholischen Kirche als ein hervorragendes Arbeitsinstrument an. Das 30-Jahr-Jubiläum seiner Veröffentlichung könnte zum Anlass genommen werden, es wieder verstärkt für die Katechese zu benutzen, unter Jugendlichen und unter Erwachsenen, zur Sakramentenvorbereitung, für die Arbeit auf diözesaner Ebene, aber auch in den Pfarrgemeinden.
In allen österreichischen Diözesen werden ja am kommenden Sonntag, dem 20. März, die pfarrlichen Pastoralräte gemäß C.I.C. Can. 536 neu gewählt, und auch für deren Tätigkeit könnte und sollte der Katechismus der katholischen Kirche eine wertvolle Hilfe darstellen.
Viele Nöte in der Kirche, gewiss auch in Österreich, sind ja Ausdruck der Glaubensnot der Gläubigen. Unsere erste Aufgabe als Bischöfe ist es, als Priester, Hirten und Lehrer den Glauben der uns Anvertrauten zu nähren, zu stärken und zu verteidigen. Ein systematisches Studium des Weltkatechismus in weiten Kreisen der Kirche Österreichs, seine Verwendung in der Katechese, in der Predigt, seine Verbreitung in den Familien und unter der Jugend könnte ein Mittel sein, um mit Geduld und Ausdauer dieser Not abzuhelfen.
So darf ich wieder Ihnen allen und jedem einzelnen von Ihnen für seinen Einsatz für die Kirche und die Menschen herzlich danken. Gerne versichere ich Ihnen, dass ich täglich für Sie und Ihren wichtigen Dienst sowie für die Ihnen anvertrauten Menschen bete. Bitte schließen Sie auch den Heiligen Vater und seinen Stellvertreter in Österreich in Ihr persönliches Beten ein. Vergelts Gott!
Grußwort des Apostolischen Nuntius,
S.E. Erzbischof Dr. Pedro López Quintana
Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz
Matrei am Brenner
16. März 2022