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Grußwort bei der Frühjahrvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz im Stift Seitenstetten (14. März 2023)


Eminenz, lieber Herr Kardinal!
Exzellenz, lieber Herr Vorsitzender Erzbischof Lackner!
Exzellenzen!
Liebe hochwürdigste Mitglieder der Österreichischen Bischofskonferenz!

Sehr herzlich möchte ich mich wieder für die freundliche Einladung bedanken, heute hier bei Ihnen sein und zu Ihnen zu sprechen zu dürfen, hier in der Benediktinerabtei Seitenstetten, im niederösterreichischen Mostviertel, gleichsam an der Wiege Österreichs.

Liebe Mitbrüder im bischöflichen Dienst!

Ich habe mich sehr gefreut, Sie kurz vor Weihnachten in der Apostolischen Nuntiatur, dem Haus des Papstes in Österreich, begrüßen zu dürfen, wo Sie im
mitbrüderlichen Austausch manche bewegenden Eindrücke vom Besuch ad limina Apostolorum in Rom, der kurz davor zu Ende gegangen war, mit mir geteilt haben.

Der Heilige Vater dankt Ihnen für alles, was Sie für die Kirche und damit für die Menschen in Österreich tun, und er ermutigt Sie zugleich, nicht nachzulassen in
Ihrem Zeugnis und Ihrem Dienst, der so wichtig ist für dieses Land.

1. Bei der Kontinentalversammlung zum Synodalen Prozess im Feber dieses Jahres in Prag haben sich die teilnehmenden Vorsitzenden der europäischen Bischofskonferenzen in ihrer Schlusserklärung auf Folgendes geeinigt: "Als Frucht dieser synodalen Erfahrung sind wir Bischöfe verpflichtet, den synodalen Prozess in unseren diözesanen Strukturen und unserem diözesanen Leben weiter zu leben und zu fördern. Diese Erfahrung der Fürsorge für die ganze Kirche in Europa bestärkte uns in unserer Verpflichtung, unsere universelle Sendung treu zu leben. Wir setzen uns dafür ein, die Hinweise des Nachfolgers unseres Heiligen Vaters Petrus zu unterstützen, eine synodale Kirche zu werden, die von der Erfahrung der Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung in Christus genährt wird. Wir wollen gemeinsam als heiliges Volk Gottes, sowohl Laien als auch Hirten, Pilger auf den Wegen Europas gehen, um die Freude des Evangeliums zu verkünden, die aus der Begegnung mit Christus entspringt. Wir wollen es gemeinsam mit unseren Brüdern und Schwestern aus anderen christlichen Konfessionen tun. Wir werden unermüdlich daran arbeiten, den Platz unserer Zelte zu vergrößern, damit unsere kirchlichen Gemeinschaften noch mehr Orte werden, an denen sich alle willkommen fühlen". (CCEE, Continental Assembly of the Synod  Bishops Final Remarks, 11. Feber 2023).

In diesem Sinne erinnert uns der Heilige Vater daran, dass die Synodalität uns auffordert, gemeinsam voranzugehen. Der Weg, den Gott der Kirche weist, ist genau der, Gemeinschaft intensiver und konkreter zu leben und miteinander unterwegs zu sein. Er lädt sie ein, die Formen autonomen Handelns oder die parallelen Gleise zu überwinden, die sich nie treffen: der von den Laien getrennte Klerus, die vom Klerus und den Gläubigen getrennten Gottgeweihten, die wenig ins Gemeindeleben einbezogenen Ehepartner und Familien, die von den Pfarren getrennten charismatischen Bewegungen und so weiter. Das ist momentan die ernsteste Versuchung. Es ist noch ein weiter Weg, bis die Kirche als ein Leib, als ein wirkliches Volk lebt, geeint durch den einen Glauben an Christus, den Erlöser, beseelt von demselben heiligenden Geist und auf dieselbe Sendung ausgerichtet, die barmherzigen Liebe Gottes, des Vaters, zu verkündigen (vgl. Ansprache des Heiligen Vaters an die Teilnehmer der vom Dikasterium für die Laien, die Familie und das Leben organisierten Konferenz, Samstag, 18. Feber 2023).

2. Der Heilige Vater lädt in diesem Jahr die ganze Kirche  und damit natürlich auch uns Bischöfe  ein, die vierzigtägige Fastenzeit als einen synodalen
Weg zu betrachten, der die Verklärung zum Ziel hat: Die Neuheit Christi ist die Erfüllung des alten Bundes und der Verheißungen;
sie ist untrennbar mit der Geschichte Gottes mit seinem Volk verbunden und offenbart deren tiefe Bedeutung. Im analogen Sinn ist auch der synodale Weg in der Tradition der Kirche verwurzelt und gleichzeitig offen für das Neue. Die Tradition ist Quelle der Inspiration für die Suche nach neuen Wegen, wobei die gegensätzlichen Versuchungen der Unbeweglichkeit und des improvisierten Experimentierens vermieden werden müssen (Papst Franziskus, Botschaft zur Fastenzeit 2023, 25. Jänner 2023).

Und bei alledem müssen wir der gefährlichen Versuchung widerstehen, leichteren pseudo-kirchlichen Wegen zu folgen, die weltliche Logik der Zahlen und
Umfragen zu übernehmen und uns auf die Kraft unserer Ideen, Programme, Strukturen und "wertvollen Beziehungen" zu verlassen (Generalaudienz, Mittwoch,
8. März 2023)

Der asketische Weg der Fastenzeit und in ähnlicher Weise der synodale Weg haben beide das Ziel einer Verklärung, sowohl auf der persönlichen als auch auf der
kirchlichen Ebene. Damit sich eine solche Verklärung in diesem Jahr in uns verwirklicht, schlägt der Heilige Vater zwei Pfade vor, die wir beschreiten können,
um gemeinsam mit Jesus aufzusteigen und mit ihm das Ziel zu erreichen.

Der erste bezieht sich auf die Aufforderung, die Gottvater an die Jünger auf dem Tabor richtet, während sie den verklärten Jesus schauen. Die Stimme aus der
Wolke sagt: »Auf ihn sollt ihr hören« (Mt 17,5). Der erste Hinweis ist also ganz klar: auf Jesus hören. Die Fastenzeit ist eine Zeit der Gnade in dem Maße, in dem wir auf ihn hören, der zu uns spricht. Und wie spricht er zu uns? Vor allem im Wort Gottes, das uns die Kirche in der Liturgie schenkt [&] Über die Heiligen Schriften hinaus spricht der Herr zu uns in unseren Brüdern und Schwestern, vor allem in den Gesichtern und Geschichten derer, die der Hilfe bedürfen. Aber ich möchte noch einen weiteren Aspekt hinzufügen, der im synodalen Prozess sehr wichtig ist: Das Hören auf Christus geschieht auch 3 über das Hören auf unsere Brüder und Schwestern in der Kirche, jenes gegenseitige Zuhören, das in manchen Phasen das Hauptziel ist, das aber immer unverzichtbar bleibt in der Methode und im Stil einer synodalen Kirche (ebd.).

3. Als die Jünger, nachdem sie die Stimme des Vaters gehört hatten, aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein« (Mt17,6-8). Hier ist, so fährt Papst Franziskus fort, der zweite Hinweis für diese Fastenzeit, der darin besteht, nicht Zuflucht in einer Religiosität zu suchen, die nur aus außergewöhnlichen Ereignissen, aus eindrucksvollen Erfahrungen besteht, weil man Angst hat, sich der Realität mit ihren täglichen Mühen, Nöten und Widersprüchen zu stellen. Das Licht, das Jesus den Jüngern zeigt, ist ein Vorgeschmack auf die österliche Herrlichkeit, und auf diese geht man zu, indem man ihm allein folgt. Die Fastenzeit ist auf Ostern ausgerichtet: Die Exerzitien sind kein Selbstzweck, sondern bereiten uns darauf vor, das Leiden und
das Kreuz mit Glaube, Hoffnung und Liebe zu leben, um zur Auferstehung zu gelangen. Auch der synodale Weg darf uns keine falschen Hoffnungen machen, wir seien angekommen, wenn Gott uns die Gnade einiger starker Gemeinschaftserfahrungen schenkt. Auch dort sagt uns der Herr: »Steht auf und fürchtet euch nicht«. Lasst uns in die Ebene hinabsteigen, und möge die Gnade, die wir erfahren haben, uns dabei helfen, an der Synodalität im Alltagsleben unserer Gemeinschaften zu arbeiten (ebd.).

Besonders hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auch noch auf ein Interview, das der unter uns anwesende liebe Herr Kardinal vor einem knappen Jahr der Internationalen Theologischen Zeitschrift Communio gegeben hat und wo er, in großer Übereinstimmung mit Papst Franziskus, darauf hinweist, dass es [&] ganz entscheidend [ist], Synodalität als einen geistlichen Weg des Suchens, des Betens und Bittens, ja als Prozess des Unterscheidens zu verstehen. [&] Synodos ist ein gemeinsamer Weg. Und das heißt, es ist zugleich ein geistlicher und ein handlungsorientierter Weg. Denn es geht ja darum, dass wir diese Wege gehen. Wir bitten ihn, sie uns zu zeigen, damit wir sie auch gehen können und damit die Wege, die wir gehen, nicht Irrwege oder Sackgassen sind, nicht unsere Wege, sondern seine Wege. «Ach, dass doch mein Volk auf mich hörte, wie würde ich es führen», wie Psalm 81 sagt. Das wäre für mich eine biblische Grundlegung dessen, worum es in Synodalität geht (Christoph Kardinal SCHÖNBORN, Interview mit J.-H. Tück über theologische Grundlagen, Chancen und Risiken von Synodalität, Communio, Mai/Juni 2022, 318).

Liebe hochwürdigste Mitbrüder,
möge Sie der Heilige Geist bei ihren Beratungen hier in Seitenstetten beseelen, damit Ihnen der Herr seine Wege zeige, zum Wohl der Kirche und der Menschen in Österreich, einem Land, in das der Heilige Vater große Hoffnungen setzt.
Danke.


Grußwort des Apostolischen Nuntius, S.E. Erzbischof Dr. Pedro LÓPEZ QUINTANA, Frühjahrvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz 14. März 2023, 15.30 Uhr, Stift Seitenstetten